Brief vom 14.09.1916

den Strom. Eine halbe Stunde lang saß ich dort am Donauufer und schickte
Grüße stromauf.

Weiter und weiter durchs ungarische Tiefland zwischen
ungeheuren Maisfeldern und Ackern, auf denen der Dampfpflug ar-
beitete[,] hin fuhr ich nach Budapest(1) und Arad(2). Arad hatte ich Zeit ein wenig
anzusehen. Arad erinnerte mich an Weiskirchen ungeheuer breite Straßen
schlecht gepflastert zeigen, daß die Stadt aus einem Dorf entstanden und daß
hier der Boden nicht viel wert ist, weil es viel davon gibt. Nirgends
in (a)Europa(a) ist einfacher Eisenbahnen bauen als in der Pussta.(3) Gerad-
lienig ohne kostspieligen Unterbau, mit seltenen Brücken und seltenen
Stationen strecken sich die Stränge durchs Land. Arad hat ein hübsches
Kossuth Denkmal(4)[,] ein paar Regierungsgebäude [,] zwei Kaffeehäuser und dann fängt Arad, das Dorf an, das sich um den städtischen Kern herumlagert.
Von Arad aus gehts ins Gebirge nach Siebenbürgen hinein. Schon immer wollte ich dies Land einmal sehen und nun liege ich hier in einem

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Anmerkungen:

(a) hierunter steht durchgestrichen: der Welt


(1) Hauptstadt von Ungarn
(2) Stadt im österr.-ung. Komitat Arad (heute rum. Grenzstadt)
(3) Puszta - Steppengebiet in Ungarn
(4) Lajos Kossuth (1802-1894) war Rechtsanwalt, Politiker und in den Jahren 1848/49 einer der Anführer der Ungarischen Unabhängigkeitserhebung gegen Österreich. Die Statue wurde 1909 feierlich enthüllt und wurde zum Pendant des Freiheitsdenkmals.

Letzte Änderung: 18.04.2012