Brief vom 18.12.1916

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E.[ingang] 27.XII 18. Dezember 1916

Liebe Eltern!

Ich weiß nicht, wann ich
diesen Brief der Post über-
geben kann. Wir sind tief
in Rumänien drinnen.
Nachdem Sinaia(1) genom-
men, war das Massenauf-
gebot an Art.[illerie] im Predealtal(2)
überflüssig. Wir sind nun-
mehr wieder bei unserem
angesammelten Korps.
Ich kann genauere Orts-
angaben nicht machen. Doch

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Anmerkungen:

(1) Sinaia: eine Stadt im rumänischen Kreis Prahova; südlich von der Stadt Kronstadt (heute: Brașov)
(2) Predeal: die am höchsten gelegene Stadt in Rumänien

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soviel kann ich sagen, wir sind am Rand der walachi-
schen Ebene. Viel kenne ich von Rum.[änien] jetzt noch nicht.
Doch scheint mir eine große Ähnlichkeit mit Serbien
zu herrschen. Schweine, Mais, Handspinnerei, Sliwowitz (1)
all das find man. Danben hat aber das Land einen ge-
wissen Ansatz zu reicher Entwicklung in sich. Zweifel-
los ist Rumänien von Natur aus reicher bedacht.
Neben den Bodenerzeugnissen im eigentlichen Sinn,
spielt hier das Petroleum eine ganz überragende
Rolle; das merkt man an vielen Kleinigkeiten.
Nächstens schreibe ich ausführlich.

Mit dem Urlaub ist es wieder nichts für
nächste Zeit. Der älteste Leutnant, der mich hätte

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Anmerkung:

(1) Sliwowitz: serbisches Nationalgetränk;aus Zwetschgen; alkoholisch

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vertreten sollen, ist an
Blinddarmentzündungung
erkrankt. Bis der wie-
der kommt, wird´s
wohl nichts sein.

Man munkelt von
Frieden, der nun auf die
Erklärung der Mittelmäch-
te folgen sollte. Ich glaube
nicht daran. Im Frühjahr
1917 wird sicher noch einmal
eine Kraftanstrengung
unserer Feinde versucht
werden.

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Hier ist zur Zeit eine
kleine Ruhepause einge-
treten. Es sollen uns Russen
gegenüber liegen. Die Gefechts-
tätigkeit beschränkt sich aber
auf einiges Vorpostengeschieße.

Ich bin gesund und mun-
ter wie immer und sende
Euch meine herzlichsten Weih-
nachtswünsche.

Euer dankbarer
August